Lasst mich einen kurzen Rückblick wagen. Die „Schreibblockade“ im AUSFALLENDE währt(e) nun schon unglaubliche zwei Jahre! Zeit sich wieder zu melden. Zurückzumelden! Manchmal braucht es einen willkommenen Anstoss. In diesem Fall, einen Abend vor Himmelfahrt, den Besuch einer Filmpremiere in den Passage-Kinos. Es ging um Wenzel – Hans-Eckardt Wenzel und sein Leben, seine Lieder. Lew Hohmann hat diesen Wenzel eingefangen, sein Leben – jedenfalls das bis heute gelebte – erzählt. Und es ist ein Leben, dass wir, die inzwischen Angepassten und Arrivierten auch gern gelebt hätten. Vielleicht. In meiner DADAER stand die Amiga-Scheibe „Stirb mit mir ein Stück“ im Plattenregal ganz vorn. Ein Revolutionär wurde ich trotzdem nicht. Aber ein Sympathisant , was die Sache betrifft: die Dialektik. Und die zieht sich durch alle Liedpassagen und lässt da den alten Hegel wieder lebendig werden. In einem Satz, der heute so ketzerisch, wie saukomisch ist: Die Identität ist die Identität der Identität mit der Nichtindentität (Zitat nach Robert Menasse) Nun meine ich auch den Titel des Dokumentarfilms „Glaubt nie, was ich singe“ zu verstehen. Genug des philosophischen Ausflugs. Ich kehre zurück zum Velosophischen! Denn ich hatte mir vor dem Start zur Himmel(aus)fahrt, beim Frühstücksespresso, nochmal ein paar Stücke vom Wenzel gestreamt. und bin zwischen Porridge und Käsebrötchen bei „Das ist die Zeit der Irren und Idioten“ hängengeblieben. Was für ein Text! Und was für eine dringende Ermahnung, dorthin zu fliehen, wo doch scheinbar alles noch in Ordnung ist. Also die Radschuhe geschnürt, Bidon mit Wasser befüllt, die SmartWatch gedrückt und ab! Zum Treff mit den Entspannten und Normalen. Und natürlich war es wieder ein Tag ohne Reue! Das Schnurren der Pneus, die hin und her geworfenen Sätze von Sattel zu Sattel, die vorbeieilende Landschaft, die Tristesse der durcheilten Orte einerseits und die großartigen Tiere am Wegesrand andererseits. Dann das Innehalten am Festplatz. Ein Bier! Die Atmosphäre aufnehmen und hoffen, dass die Zeit der Irren und Idioten das Bewusstsein für die Voraussetzungen des Fortschritts schärft.









Liedtext Das ist die Zeit der Irren und Idioten:
Es ist wie Sommer heut im Mai. Die Nutten haben Hitzefrei. Die Polizei putzt ihre Scheiben. Die Heiratsschwindler übertreiben. Die Stadt riecht schweißig und nach Äther. Es kichert leis der Attentäter. Noch unentdeckt sind all die Toten. Das ist die Zeit der Irren und Idioten. Betrogne Männer gehen mit Strick Zum Stadtwald, kommen nicht zurück. Die Nonnen lutschen an Lakritzen. Die Mönche untern Kutten schwitzen. Ein Onanist stiert vom Balkon. Ein BMW fährt durch Beton. Es sterben zwanzig Fahrradboten. Das ist die Zeit der Irren und Idioten. Ein Ex-Minister lacht verstört. Der Mittelstand ist höchst empört. Die Spanner liegen auf der Lauer. Die Hochdruckzone bleibt von Dauer. Der Asphalt hat sich hochgebogen. Der Fliederduft setzt unter Drogen Und jede Logik ist verboten. Das ist die Zeit der Irren und Idioten. Ein Säufer hat sich stumm geölt. Die Hausfrau hat sich eingeölt. Selbst nachts bleibt diese Affenhitze Ueber die Stadt wie eine Mütze. Es wird verrückt selbst der Solide. Dann häufen sich die Suizide. Touristen kotzen von den Booten. Das ist die Zeit der Irren und Idioten.